Am 31. März 2011 wird im Sportpark Kohlscheid (ehemals “Lämmis Indorsoccer”) die Jahreshauptversammlung der Mitglieder des TSV Alemannia Aachen 1900 e.V. stattfinden. So stehen unter anderem Neuwahlen des Ältestenrates (hier kandidieren bekanntlich Jo Montanes und Prof. Dr. Horst Heinrichs) und die Nachwahlen des Verwaltungsrates auf der Tagesordnung. Allerdings sind einige “Baustellen” sprichwörtlich wichtiger – und noch Versprechen offen.
Alemannias Geschäftsführer Frithjof Kraemer hatte noch auf der letztjährigen Mitgliederversammlung (12. Juni 2010) versprochen, dass in den kommenden Tagen und Wochen auf jeden Fall am Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) und der Geschäftsstelle weitergebaut würde. Ebenso versprach er, dass es keine Versäumnisse mehr bei der Veröffentlichung von Bilanzen geben werde. Die Bilanz der Alemannia Aachen GmbH und der Alemannia Aachen Stadion GmbH waren mit mehr als einem Jahr Verspätung veröffentlicht worden.
Und aktuell ?!
Knapp einen Monat vor der kommenden Jahreshauptversammlung zieht man nun als Mitglied Bilanz und bewertet das vergangene Jahr. Gleich mehrere Dinge fallen mir da ein:
Wo sind die Bilanzen ?
Bis heute sind die Bilanzen der Alemannia Aachen GmbH und der Alemannia Aachen Stadion GmbH weder auf der offiziellen Vereinshomepage noch im Elektronischen Bundesanzeiger (https://www.ebundesanzeiger.de) veröffentlicht worden. Laut Handelsgesetzbuch (HGB) sind Kapitalgesellschaften zur Offenlegung ihrer Bilanzen binnen 12 Monaten nach Jahresabschluss verpflichtet. Bereits die Bilanzen des Jahres 2008 wurden erst im Juni 2010 veröffentlicht. Da eine Überprüfung bei solchen Diensten kurz und unkompliziert ist, läuft eine Firma natürlich schnell Gefahr, Strafe zu zahlen, wenn Bilanzen nicht binnen 12 Monaten eingereicht werden. Nachdem die Alemannia bereits die Bilanzen 2008 mit 6 Monaten Verspätung eingereicht hat, hätten Bußgelder zwischen 5.000 € und 25.000€ gedroht. Nun ist es nach meiner (Rechts)Auffassung so, dass ein Geschäftsführer sämtliche Prozesse und Unterlagen fristgerecht zu bearbeiten und einzureichen hat. Mir ist nicht bekannt, ob für die zu spät veröffentlichten Bilanzen 2008 Bußgelder gezahlt werden mussten. Nun wiederholt sich das Spielchen und man riskiert in Zeiten knapper Kassen erneut Bußgelder, die im Fallen von Wiederholungstätern sicherlich nochmals höher ausfallen dürften.
Was ist nun mit dem NLZ und der Geschäftsstelle?
Mit dem Bau hat der Unternehmer Hellmich nicht wieder begonnen, im Gegenteil. Im Januar diesen Jahres begannen seine Mitarbeiter mit Räumung der Baustelle und zeigten somit unmissverständlich »Wir bauen hier nicht mehr weiter!«. Natürlich ist der Alemannia, wahrscheinlich aus Kostengründen, nicht an einem Rechtsstreit mit Hellmich gelegen, um den man wohl aber nicht herumkommen wird. Es stellt sich daher nicht nur die Frage nach der Zukunft des NLZs sondern auch, ob und wann Hellmich nun eine Vertragsstrafe zu zahlen hat und in welcher Höhe. Angeblich sind für den Fall, dass das Südgelände nicht bewirtschaftet wird, 1.000.000 € Vertragsstrafe durch den Generalunternehmer fällig .
Laut Bebauungsplan 888 (Begründung zum Bebauungsplan Nr. 888 – Krefelder Straße / Soerser Weg Sportpark Soers -) der Stadt Aachen ist eine Bewirtschaftung unter anderem wie folgt vorgesehen:
3.2.3 Multifunktionsgebäude – 3.2.3.1 Nutzungskonzept
Das Nutzungsspektrum des Multifunktionsgebäudes ergänzt die Angebote des Sportparks Soers. Zum einen sind Nutzungen geplant, die im direkten Zusammenhang mit dem geplanten Fußballstadion stehen (z.B. Catering). Zum anderen handelt es sich um weitere Sportnutzungen (Indoorsportangebote, Fitnessstudio) sowie sportaffine Nutzungen in den Bereichen Gesundheit, Sport, Freizeit und Erholung (Wellness, Reha, Physiotherapie). Letztere können sowohl durch die beiden Sportvereine, als auch die Öffentlichkeit genutzt werden. Abgerundet wird das Angebot durch ein Hotel, einen Sportfachmarkt sowie Büroflächen für Verwaltung und Dienstleistungen.
In der seinerzeit durchgeführten Ausschreibung wurde, so meine Infos, festgelegt, dass der “siegreiche” Bieter auch das Südgelände auf eigene Rechnung zu bebauen habe. So mein Kenntnisstand. Hier wurde der Alemannia und dem Generalunternehmer (hier Hellmich) ein Erbbaurecht durch die Stadt Aachen eingeräumt, dass allerdings bis zum 31.12.2009 nicht durch Hellmich in Anspruch genommen wurde. Letztlich war wohl dadurch das Angebot der Hellmich-Gruppe das Beste, da es als einziges eine Bebauung des Südgebäudes vorsah. So reduzierte sich natürlich der Preis für die Alemannia.
So stellen sich doch folgende Fragen:
Wenn die Bebauung des Südgeländes Teil der Ausschreibung war, wie hoch ist nun die Strafe für Hellmich, da er die Erbpacht zum 31.12.2009 verwirken ließ? Wie konkret waren die Pläne und Konzepte von Hellmich für das Südgelände? Handelt es sich ggf. sogar um betrügerische Vorwände nur um die Ausschreibung zu gewinnen? Erinnern wir uns: Zwischen Handwerkern und der Hellmich-Gruppe gibt es Streitfälle wegen offener Posten im sechsstelligen Bereich, im Stadioninnern schimmelte es bereits extrem schon nach wenigen Monaten und das Parkhaus ist definitiv zu teuer. Von vielen weiteren Mängeln will ich gar nicht sprechen. In diesem Zusammenhang auch die Rückblende auf die Jahreshauptversammlung 2010: Dort wurde damals schon gefragt, warum man Hellmich schon so viel Geld bezahlt habe und lediglich 700.000 € einbehalten habe. Bei einem kommunizierten Ausschreibungswert von 60 Mio. € wären dies gerade einmal 1,17 % Rückbehalt. Angesichts der ganzen Mängel und offenen Fragen viel zu wenig.
Kommen wir daher auf die Ausgangsfrage zurück: Werden und wurden wir als Fans und Mitglieder betrogen? Wusste die Geschäftsführung ob dieser Dinge? Warum hat man uns über den ganzen Zeitraum hingehalten (»Der Bau am NLZ und der Geschäftsstelle geht bald los/weiter!«, »Es geht nur noch um Kleinigkeiten«). Mehr als augenscheinlich scheint es also Uneinigkeit zwischen der Alemannia und Hellmich zu geben. Umso mehr verwundert es doch, wenn eine renommierte Anwaltskanzlei aus Düsseldorf, Heuking Kühn Lüer Wojtek – Partnerschaft von Rechtsanwälten (http://www.heuking.de), stolz auf ihrer Webseite verkündet:
»Wir haben die rechtliche Projektplanung und -durchführung konzipiert, sämtliche Verträge für das Stadion, das Parkhaus und die erforderlichen Grundstücksflächen entworfen, die Verhandlungen für die Landesbürgschaft geführt und das gesamte Wettbewerbsverfahren bis zum Abschluss der Verträge sowie die Vertragserfüllung und den Bau des Stadions begleitet.«
Die Geschäftsführung der Alemannia hatte demnach Experten an der Seite, die die Verträge entworfen, geprüft und begleitet haben. Wieso droht dann ein Rechtsstreit? Wieso scheint es im Detail nun Fragen zu geben, wo man doch Geld extra zur Vermeidung solcher Probleme investiert hat?
Der Öcher stellt sich ja nun die Frage: Wer hat denn nu’ Schuld an dr jaanze Hantiir ? Wer ist denn dafür verantwortlich zu machen ? Hätte das nicht bemerkt werden können, gerade wenn unterstützend externe Partner und Kanzleien dabei sind ?
In diesem Fall haben der damalige Aufsichtsrat und, der etwas später eingestellte, Geschäftsführer Frithjof Kraemer das Konzept erstellt, Planungen und Planrechnungen abgefasst, Kalkulationen anfertigen lassen und selber gerechnet und gearbeitet. Der Geschäftsführung oblag die Unterzeichnung und Verantwortung sämtlicher Verträge und Aufträge. Die Aachener Zeitung schreibt dazu in einem Interview mit Kraemer am 22.10.2010:
Seit einem halben Jahr ruht die nicht einmal mehr gesicherte Baustelle. Die Baukräne stehen arbeitslos herum. »Wir sitzen noch gemeinsam am Tisch, aber wir kommen mehr und mehr in die Situation, dass wir unsere Ansprüche juristisch einfordern müssen. Unsere Juristen bestätigen, dass uns Hellmich die Fertigstellung des Gebäudes schuldet, das wir als Mieter nutzen wollen. Über die Gründe, warum Hellmich den Bau ruhen lässt, möchte ich gar nicht spekulieren. Wir haben einen Vertrag, nach dem er das Gebäude schon längst fertiggestellt haben müsste«, sagt Krämer.
Der Bauunternehmer hat seine Sicht der Dinge. Nicht aus »Jux und Dollerei« habe man den Baustopp verfügt, sagt Unternehmenssprecher Herbert Kasperidos. Der Grund seien Ungeklärte Grundstücksfragen hinsichtlich der Südbebauung. Dort war neben der Geschäftsstelle, medizinische Praxen oder ein Hotel angedacht. Passiert ist: nix. »Die Erbbaurechtsfragen sind nicht geklärt«, sagt Kasperidos und schiebt den schwarzen Peter zurück. »Deswegen haben wir die Reißleine gezogen. « Offen bleibt die Frage, warum überhaupt begonnen wurde.
Daher also konkret: Wieso hat der kaufmännische Geschäftsführer Frithjof Kraemer mehrfach der Mitgliederschaft und der Öffentlichkeit versichert, es gehe bald weiter und voran? Wieso wurden von Herrn Kraemer von “Kleinigkeiten” gegenüber Fans bei Fanclubabenden im Klömpchensklub gesprochen, wenn es doch um knallharte Vertragsfragen geht? Ob es sich nun um ein Projekt handelt oder um zwei sollte doch nicht so kompliziert in einem Vertrag stehen – erst Recht nicht, wenn man Geld in eine dafür spezialisierte Kanzlei gesteckt hat. Wieso hat Herr Kraemer diese Verträge dennoch unterzeichnet?
Weiterhin sagt Herr Kraemer im Interview: »Wir haben eine Stadionpacht von sechs Millionen Euro, diese Kapitalkosten wollen wir reduzieren.« – Wieso sagt der kaufmännische Geschäftsführer, gut ein Jahr nach Inbetriebnahme und Beginn der Finanzierung, dass die Kapitalkosten zu hoch sind ? Warum ist ihm das nicht vorher, wo es doch eindeutig seine Aufgabe ist, aufgefallen ?
Ich verstehe das nicht! Ich kann weder als Fan noch als Mitglied dieses Gebaren und diese Aussagen nachvollziehen und gutheißen. Ich bin gespannt, was uns die Geschäftsführung am 31.03.2011 dazu sagt, und welche Versprechen diesmal gegeben und erneut nicht gehalten werden.
4 Kommentare
Vojislav Miljanovic · 11. Februar 2011 um 09:45
Wow, ganz schön detailreich das Ganze, ich bin beeindruckt, aber wahrscheinlich geht es nur so …
In dem Zusammenhang nochmal meine Verwunderung darüber wie zahm der AZ/AN-CR letztens den GF seine Statements machen ließ, OHNE AUCH NUR EINE KRITISCHE FRAGE zu stellen … Du hast da oben einige Dutzend davon! Weiter so!
Friedrich · 2. März 2011 um 21:14
Dazu finde ich folgende Aussage Dr. Heyens recht interessant:
Auf die Frage aus der Runde der Anwesenden, was denn passiert wäre ohne die Pokaleinnahmen, antwortet Heyen : „Wir wären einer Insolvenz sehr nahe gekommen“. Auf die weitere Frage, dass sich dies beim Bericht der WP bei der letzten JHV doch anders angehört hätte, räumte Heyen ein, dass zwar nicht „gelogen“ wurde, man aber doch früher viele Zahlen „beschönigt“ habe.
http://www.IG-Alemanniafans.de
Tweets that mention Verarscht und betrogen » Der Friedri.ch - ene Öcher Schäng -- Topsy.com · 11. Februar 2011 um 09:48
[…] This post was mentioned on Twitter by Daniel 9cki and Fritz Jeschke, Fritz Jeschke. Fritz Jeschke said: #Alemannia #Aachen – Verarscht und betrogen: http://t.co/a8uijl7 #parkhaus #tivoli #skandal? […]
Vorstand raus! » Der Friedri.ch - ene Öcher Schäng · 18. März 2011 um 17:48
[…] und die machen Ihre Arbeit sehr gut.” Darüber hinaus hätte ich ebenso gerne meine kritischen Artikel revidiert bzw. Dinge richtig gestellt. Aber da ihnen an Kommunikation mit Mitgliedern im […]