Ich wurde dieser Tage mehrfach – vor allem auch von Nicht-Alemanniafans – auf die aktuelle Situation bei uns Fans angesprochen. Einige fragten auch “Wieso steht dazu nichts bei Dir auf dem Blog?”. Der Hauptgrund ist knifflig und doch banal: Die Situation ist alles andere als einfach. Daher veröffentliche ich hier meinen Brief an die Stadt Aachen.
Der aktuelle Fankonflikt hat meiner Meinung nach den Ursprung nicht in der politischen Szene. Aufgrund verschiedener Differenzen und willkürlicher Behandlung, haben sich die involvierten Gruppen selber isoliert und nach außen verschlossen. Die Folge sind nicht nur die zu verurteilenden Aktionen wie Gewalt, Diebstahl, Hausfriedensburch und Pyotechnik sondern auch die fehlende Dialogbereitschaft und der Wille etwas zu ändern.
Durch Polizeiwilkür und nicht eingehaltende Versprechen von Vereinen und Verbänden rennen dann natürlich rechtsextreme Vereinigungen bei den zumeist jungen Ultras offene Türen ein. Der normale Fan verliert den Überblick und nimmt – was dann nochmals als seperater Punkt dazu kommt – die Ultras als sich selbst feiernde und egoistische Gruppe war. Und schon ist es der Teufelskreis. So sehr ich auf der einen Seite die Nase voll habe und mich erstmals mit einer Kollektivstrafe anfreunden könnte, so werfe ich sie gleich über den Haufen. Privilegienentzug (Banner, Fahnen, Doppelhalter,…) wäre eine mögliche Teilmaßnahme.
Aber: Wir/Man sollte sich nicht erneut über den Kopf der jungen Leute hinweg mit den Konsequenzen und Maßnahmen auseinandersetzen. Es mag schon zu viele Dialoge gegeben haben ohne Erfolg – aber wenn ich dann höre, dass ein Teil der Karlsbande beim IG-Treffen Einsicht und Unterstützung angekündigt hat, dann sollte man es nicht unversucht lassen. Dazu wäre es ein generell guter Schritt, wenn man den bisher leider erst einmal zusammengekommenen Runden Tisch mit Fans, Fanklubs, Polizei, szenekundigen Beamten und Verein wieder ins Leben ruft. Die Spannungen müssen raus und sofern von Seiten der Karlsbande nun doch soetwas wie Einsicht und Vernunft kommt, dann sollte man sie einbeziehen – gerade die Leute, die die Rädelsführer und Unruhestifter nicht in ihren Reihen haben wollen aber chancenlos und machtlos sind, etwas dagegen zu tun. Man muss ihnen helfen diese Idioten aus dem Stadion und dem Umfeld loszuwerden. Dazu muss man zwingend transparent und offen mit allen Beteiligten sprechen. Zumindest mit den Fans, die wöchentlich ins Stadion gehen und genauso frustiert sind.
Brief an die Stadt
Nun hat auch die Stadt einen “Runden Tisch gegen Rechtsextremismus” erneut zusammengerufen. Politik und Kirche sind ebenfalls dabei – aber keine Fans. Daher habe ich untenstehende Zeilen an die Stadt geschickt und hoffe, dass man alle dazu holt und dann gemeinsam überlegt und plant, wie man die Leute, die den Fans, dem Verein und auch der Gesellschaft schaden, vom Tivoli und den Fans fernhält. Denn Stadionverbote werden nichts bringen – im Gegenteil. Es wird die Situation eher verschärfen. Dann wird sich halt (nix neues im Übrigen) vor den Stadiontoren gekloppt.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrter Herr Rombey,
ich vermisse die Einbindung des „normalen“ Fans, der Fanclubs und der Fan-IG. Diese Gruppen sind zum einen betroffene Personen (wöchentlich im Stadion) und gleichzeitig eine wichtige Gruppe, die Maßnahmen mit umsetzen kann.
Die Alemannia hatte seinerzeit einen runden Tisch mit Fans, Fanclubs, Polizei, szenekundigen Beamten, Fanprojekt, Fanbeauftragten, Sicherheitsverantwortlicher usw. ins Leben gerufen. Alle Parteien waren sehr begeistert, weil viele Missverständnisse ausgeräumt werden konnten. Zentrale Punkte wie das „Solidarisierungsverhalten der Fans gegenüber der Polizei“ sei als Beispiel genannt. Die Polizei, so ihre Aussage, stelle immer wieder verwundert fest, warum man sich nicht von den Krawallmachern räumlich distanziere. Als ich ihnen erklärte, dass man dies sehr wohl gerne täte, dies aber nicht möglich sei, da man (speziell bei Auswärtsspielen) eingekesselt ist, waren die Herrschaften sehr verwundert darüber, dass Fans tatsächlich eine Distanz wollen. Man kann schlicht nicht weg.
Wenn Problemfans „ACAB – All cops are bastards“ oder ähnliche Parolen von sich geben, so hat man Verständnis! Ich selber habe mehrfach persönlich mitbekommen, wie die Polizei grundlos mit Schlagstöcken und Pfefferspray gegen Fans, darunter Kinder und Jugendliche, vorgegangen ist.
Die aktuelle Problematik bezieht sich nicht nur auf eine „braune Suppe“. Allerdings haben diese Leute mit ihren Parolen und polemischen Statements einen großen Zuspruch bei den meist jungen Fans. Man hält sich nicht an Zusagen (DFB, Vereine – Beispiele gibt es jede Menge) und behandelt sie mit Willkür.
Ich will an dieser Stelle nur deutlich machen: Holen sie wirklich alle an einen Tisch! Ein Priester oder ein Fraktionsvorsitzender mögen rechtschaffende und sehr gescheite Leute sein – aber nur die Fans können dazu beitragen. Die Basis muss eine gemeinsame sein und dazu muss vor allem die Willkür aus dem gegenseitigen Umgang raus.
Ich bedaure es zutiefst, dass dieser einst eingeschlagene Weg seitens der Alemannia-Verantwortlichen nicht fortgesetzt wurde. Man hätte Polizisten in der Freizeit einfach mal zum Fußball schauen in die Blöcke schicken sollen. In Zivil und einfach nur um Fußball mitzuerleben.
Befreundete Polizisten, die privat ins Stadion gehen und damit deutlich näher am Thema sind, bestätigen diese Erfahrungen.
Ein runder Tisch muss mit Einbezug der Fans stattfinden.
Mit freundlichen Grüßen
Friedrich Jeschke
1 Kommentar
Petra · 26. August 2012 um 13:36
Das ist doch wie überall. Man spricht nicht mit den Fans, man spricht über sie. Das ist doch auch viel bequemer, dann muss man sich nicht mit ihnen auseinandersetzen.