Jede Woche vor dem Kick in der Soccerhalle das selbe Spiel in der WhatsApp-Gruppe: Wer kommt? Wer kommt nicht? Dazu noch diese dumme Sache mit dem Betreiber. Hat er es doch mit unserer Dauerbuchung versemmelt. Statt Mittwochs also mal Dienstags. Und dann fallen noch gleich ein paar der Jungs krank aus.
“Wären zu 8, oder?” – “Ne, durch Willis Absage 7.”
Also, rumgefragt und überlegt: Wer hätte den Zeit und Lust? Na klar! Ein paar der Flüchtlinge! Also flott mal in der Notunterkunft angerufen in der ich sonst in Schürze und Latexhandschuhen bei der Essensausgabe stehe. “Na klar finden sich da drei die mitkicken wollen!” sagte mir die Ansprechpartnerin der Unterkunft.
Nach der Arbeit fuhr ich zur Unterkunft die Jungens abholen. Dort angekommen diskutierte noch die ganze Turnhalle wer jetzt mitkommt. Alle 50 Bewohner hatten Lust auf Fußball. Die drei Auserwählten waren heiß wie Frittenfett. In der Soccerhalle konnte es also losgehen.
Ob es an der Abwechslung lag, am Talent oder schlicht an der mangelnden Möglichkeit Energie rauszulassen: Die drei waren richtig gut! Kombinationsspiel, Dribblings, harte Schüsse – alles dabei. Ashfer aus Aleppo zeigte sich auf dem Platz so kämpferisch wie Willi Landgraf. Wiederholt mussten wir im zu verstehen geben, dass Grätschen tabu sind. Der gute Kerl verstand es sofort. Seine Motivation und Begsiterung sorgte dann doch noch für ein paar Grätschen – um dann nach jeder Grätsche schuldbewusst und freiwillig ins Tor zu gehen.
Nach 60 Minuten offenbarte seine kompromisslose Spielweise dann die Folgen: sein einziges Paar Schuhe war kaputt. Die Sohle hing nur noch in Fetzen am Schuh. Er und Arif (auch aus Syrien) hatten nämlich in Jeans und ihren normalen Schuhen mitgespielt.
Nun saßen wir also fix und fertig im Auto auf dem Weg zurück in die Unterkunft. Arif, der auf dem Beifahrersitz saß und ebenfalls recht ausgepowert war, schwieg eine ganze Weile. Wie sich herausstellte hatte er sich seine bisher gelernten Englisch-Deutsch-Brocken zusammengelegt. Zunächst bedankten sich die drei aufs herzlichste dass sie mitspielen durften. Anschließend simulierte Arif ein schweres Atmen, deutete seine Zigarettenpackung und anschließend auf seine Lunge. “Ich gehe Allah!” sagte er.Ich verstand. Dann nickte ich und sagte “Ich auch!“.
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